Die LITFILMS-Jury 2022 hat einstimmig entschieden, dass SCARBOROUGH den mit 5.000 Euro dotierten Preis erhält, gespendet von der Stiftung Münster der Sparda-Bank West.
Damit gehen die insgesamt 16 Festivaltage der zweiten Ausgabe vom LITFILMS Literatur Film Festival Münster zu Ende: 37 Veranstaltungen mit Spiel‑, Dokumentar- und Kurzfilmen, Lesungen und Workshops in rund zwei Wochen. Spielorte des Festivals, das in seiner Ausrichtung in Deutschland einmalig ist, waren das Schloßtheater Münster als Festivalkino, das LWL-Museum für Kunst und Kultur, das Cinema & Kurbelkiste und die Studiobühne.
Zu Gast waren u.a. Sonja Heiss, Esther Kinsky, Susanne Abel, Peter Prange, Thomas Wendrich, Catharina Junk, Sophie Kluge, Helga Freese-Resch, Christian Filips, Jascha Riesselmann und Marc Eberhardt.
Die dritte Ausgabe des LITFILMS Literatur Film Festivals Münster soll im September 2024 stattfinden.
SCARBOROUGH von Shasha Nakhai und Rich Williamson
Ausgezeichnet mit acht Canadian Screen Awards, dem kanadischen Pendant zu den Oscars, unter anderem für den besten Film des Jahres, entwirft die Adaption des gleichnamigen Romans ein feinfühliges Kaleidoskop des Erwachsenwerdens in einer einkommensschwachen Nachbarschaft in Toronto.
Das Spielfilmdebüt von Shasha Nakhai und Rich Williamson dreht sich um das Aufwachsen von Bing (Liam Diaz), Sylvie (Mekiya Essence Fox) und Laura (Anna Claire Beitel), drei jungen Kindern in einer sozial benachteiligten kulturell vielfältigen Community im Stadtteil Scarborough von Toronto, die im Laufe eines Schuljahres in einem von der Erzieherin Hina (Aliya Kanani) geleiteten Nachmittagsunterricht den Wert von Gemeinschaft, Leidenschaft und Widerstandsfähigkeit kennenlernen.
Die Jury-Begründung
SCARBOROUGH ist ein aufwühlender Film, der sich einbrennt und dessen Bilder einen noch lange begleiten. Der Film wirft einen liebe- und verständnisvollen Blick auf ein Milieu, indem die Innenperspektive gezeigt wird. So haben die Zuschauer:innen teil an den Entwicklungen, die sich aus Armut, Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Sucht ergeben, aber das Drama wird nicht Mittel zum Zweck, sondern ist Gegenstand der Betrachtung. Eine sehr genaue Kenntnis des Milieus ist offenbar, dabei wirkt der Blick nie arrogant oder distanziert.
Die Kamera ist erzählerisch eingesetzt, indem sie die Figuren begleitet und ihre Geschichten eher einfängt als Szenen abfilmt oder umsetzt. Dadurch entsteht eine besondere Unmittelbarkeit in der Erzählweise. Alle Darsteller:innen gehen nicht in ihrer bloßen Besetzung auf, sie stehen als soziale Personen für die Welt ein, die sie verkörpern. Ihre Soziolekte machen die unterschiedlichen Herkunftsmilieus deutlich, ohne dabei Sprache zur Sympathielenkung zu benutzen. Der Film vertraut seinen Figuren und dass sie für ihre Geschichte stehen.
Es muss nichts erklärt oder moralisch eingeordnet werden, es gibt keine einfache Aussage in diesem dokumentarisch erzählten Film. Die komplexe Problematik abgehängter Milieus in Kanadas pluraler Konsumgesellschaft spiegelt sich nicht nur in den Sprechweisen der Figuren, sondern auch in den gefilmten Waren und Objekten. Die Schnitt-Technik präsentiert die Dinge in ihrem alltäglichen Gebrauch, in ihrer An- und Abwesenheit. So entwirft der Film auf eindringliche Weise eine Milieustudie, die sich nicht nur vieler Erzählregister bedient, sondern auch der eigenen Produktionsbedingungen stets bewusst bleibt. Darum verleiht die Jury den Preis des Literatur-Film-Festivals Münster dem Film SCARBOROUGH.
25.09.2022 LITFILMS Jury: Sophie Kluge, Christian Filips, Helga Frese-Resch.
HörSpielPreis Münster 2022
Erster Preisträger ist der in Münster und Berlin lebende Künstler Ralf Haarmann, der für sein Hörspiel „Urbanes Narrativ: Das Geheimversteck“ ausgezeichnet wurde. “Es scheint, als reisten wir in die Fantasiewelt der Kinder. Die Komplizenschaft, die daraus entsteht, macht das Erleben dieses Hörspiels zu einer ganz persönlichen Erfahrung an einem sehr geheimen Ort.” So schreibt es die Jury des HörSpielPreis bestehend aus Anja Kreysing, Dean Ruddock und Ruth Messing in ihrer Begründung.
Es wurden noch zwei weitere Hörspiele mit einer lobenden Erwähnung bedacht: “Minespiel” vom Hörspiellabel Klappkatapult und “Über das Sterben – mit Werner Herzog” von Anna-Lea Weiand. “Der HörSpielPreis sollte vor allem den kreativen Umgang mit dem Medium Hörspiel belohnen. Dies ist bei diesen drei honorierten Hörspielen besonders gut sichtbar und zeigt, wie kreativ die HörspiellLandschaft in Münster ist.” So Paul Sattler vom HörSpielLab Münster.