Eintritt frei
Wie lange darf ich krank, wie lange unproduktiv sein? Wie lange und wie groß darf ich in meinen sozialen und beruflichen Aufgaben scheitern? Wo scheitere ich im alltäglichen Leben, erfülle nicht die Erwartungen meiner Mitmenschen, bin zu langsam, zu leise, zu unentschieden, zu müde, enttäusche mich selbst? Und was muss nach dem Scheitern passieren, damit es nachträglich gesellschaftlich legitimiert wird? Vielleicht eine offizielle Diagnose wie Burnout und danach eine gesunde Lebensweise mit Biohacking-Anteilen, um doch wieder produktiv genug zu sein? Welche Selbstoptimierungszwänge lauern sogar in Momenten des Versagens?
Ausgehend von dem drückenden Gefühl, eine permanente Pflicht zum Erfolg zu haben, füllen die beiden Künstlerinnen Rike Hoppse und Son Lewandowski filmisch und literarisch ein Journal mit Gedanken zum Misserfolg, Abbrechen, Aufgeben und zu Momenten des Zusammenbruchs, fragen danach, wie sich Scheitern persönlich anfühlt und wer es wie von außen festmacht. Und weil sogar der Misserfolg in neoliberalen Erzählungen produktiv gemacht wird und Scheitern als Chance und heroisch erzählt wird, widmen sich die beiden den leisen, vermeintlich profanen Momenten und Gefühlen des Versagens.
Nach drei Monaten Residenz in Rheine und Münster geben die beiden Residenzlerinnen einen ersten Einblick in ihr literarisch-filmisches Journal über das Scheitern. Für das Journal haben sie sich entschieden, weil es privat und öffentlich funktioniert, keine eingespielte Erzählung oder Form anbietet und sowohl Platz für die Recherche selbst als auch deren poetische Bewältigung gibt.