Lesung und Gespräch mit René Aguigah
Screening von I Am Not Your Negro
28.09.2024, 21:30 Uhr im Schloßtheater
James Baldwin (1924 – 1987) gehört zu den wichtigsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Schon zu Lebzeiten machten ihn seine Bücher Giovannis Room und The Fire Next Time berühmt und brachten ihn auf die Coverseite des „Time Magazine“. Aber Baldwin war schwarz und schwul, die Gesellschaft, in der er lebte, rassistisch und schwulenfeindlich. Aus dieser Spannung ist ein einzigartiges Werk entstanden, das die Tore weit aufgestoßen hat, durch die Generationen von Aktivisten nach ihm gegangen sind. Am 2. August 2024 wäre der große Autor, den manche einen Propheten nannten, 100 Jahre alt geworden.
Als Baldwin im Dezember 1987 starb, hinterließ er ein 30-seitiges Manuskript mit dem Titel Remember This House. Das Buch sollte eine persönliche Auseinandersetzung mit den Biografien dreier enger Freunde werden, die alle bei Attentaten ermordet wurden: Martin Luther King, Malcolm X und Medgar Evers. I Am Not Your Negro schreibt Baldwins furioses Fragment im Geiste des Autors filmisch fort und verdichtet es zu einer beißenden Analyse der Repräsentation von Afro-Amerikaner:innen in der US-Kulturgeschichte. In einer kühnen Erweiterung des literarischen Texts spannt der Film den Bogen bis in die Jetztzeit: zur noch heute gegenwärtigen weißen Polizeigewalt gegen Schwarze, den Rassenunruhen von Ferguson und Dallas und der Black-Lives-Matter-Bewegung.
René Aguigah, geboren 1974 in Würzburg, leitet das Ressort Literatur von Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur. In seinem elegant geschriebenen Porträt James Baldwin: Der Zeuge skizziert der Baldwin-Kenner das Leben des US-Schriftstellers von der Herkunft in ärmlichen Verhältnissen in Harlem bis zur Flucht vor dem alltäglichen Rassismus nach Paris, seinen rasanten Aufstieg zu einem gefragten Redner und seine Beziehungen mit Martin Luther King und Malcolm X. Vor allem aber begibt sich Aguigahs essayistisches Buch auf die Suche nach dem, was Baldwin uns heute noch mitzuteilen hat. Es fragt nach dem Verhältnis zwischen seinem Künstlertum und Aktivismus, der Spannung zwischen Literatur und Politik, seinem Eintreten für Minderheiten und seinen universalistischen Überzeugungen. Baldwin, der Hass so gut kannte, hielt in seinen Romanen und Essays an der Liebe als Hoffnung fest. Aguigah porträtiert ihn als Zeugen einer Zeit der Gewalt und des Unrechts, die bis heute fortexistieren.