Ing­mar Berg­man – Ich schreibe Filme

● 12.9.2022, 20:00 Uhr
→ LWL-Muse­um für Kunst und Kultur

Film und Lesung mit Rena­te Bleibtreu

Natt­vards­gäs­te­r­na – Schwe­den 1963 – Regie & Dreh­buch: Ing­mar Berg­man – Kame­ra: Sven Nykvist – Musik: Evald Anders­son – Mit Ingrid Thul­in, Gun­nar Björn­strand, Gun­nel Lind­blom, Max von Sydow, Allan Edwall u.a. – DF – 81 min

Ing­mar Berg­man hat sich in beein­dru­cken­der Wei­se fast ein Leben lang an sei­ne Fil­me “her­an­ge­schrie­ben”, gedul­dig, zwei­felnd, pfif­fig, uner­müd­lich im Dia­log mit sich und sei­nen Ideen. Aus die­sen Arbeits­ta­ge­bü­chern ist ein Kon­vo­lut von mehr als 1000 Sei­ten ent­stan­den, das 2018 im Stock­hol­mer Ver­lag Nor­stedts in zwei Bän­den erschien, und seit Ende des vori­gen Jah­res in einer Aus­wahl auf deutsch vor­liegt, her­aus­ge­ge­ben, über­setzt und kom­men­tiert von Rena­te Bleibtreu.

Beim LIT­FILMS 2022 wer­fen wir mit Rena­te Bleib­treu einen Blick in die­ses immense Werk – anhand des Films Licht im Win­ter, der 1963 zusam­men mit Wie in einem Spie­gel und Das Schwei­gen eine Tri­lo­gie bil­det. Berg­man stand an einem Wen­de­punkt in sei­ner Kar­rie­re. Für Die Jung­frau­en­quel­le hat­te er den Oscar gewon­nen, sei­ne legen­dä­re Auf­füh­rung von Igor Stra­win­skys Der Wüst­ling an der Roy­al Ope­ra in Stock­holm fei­er­te ihre umju­bel­te Pre­mie­re. Berg­mans Sta­tus war der­ma­ßen gestie­gen, dass er – wie im fol­gen­den Jahr – einen Ver­trag mit MGM über 500.000 Dol­lar ableh­nen konn­te, 24-mal mehr, als er zu die­ser Zeit ver­dien­te. Den­noch fühl­te er sich bei all dem Erfolg nicht wohl, ganz im Gegen­teil: “Ich befand mich in einer Posi­ti­on, in der ich tun konn­te, was ich woll­te. Es war an der Zeit, einen todes­mu­ti­gen Sprung zu wagen.”

Doch die­se Todes­ver­ach­tung war nicht nur ein Aus­druck von Mut. Wäh­rend er – nicht zuletzt inter­na­tio­nal – immer mehr Erfolg hat­te, schien sich Berg­man immer noch unver­stan­den zu füh­len. Die schwe­di­sche Kri­tik war, obwohl es ihr nicht an Bewun­de­rung man­gel­te, im Grun­de immer noch unemp­fäng­lich für einen Regis­seur, der per­ma­nent von reli­giö­sen Grü­be­lei­en beses­sen zu sein schien, wäh­rend das Land im All­ge­mei­nen säku­la­ri­siert, modern und erfolgs­hung­rig war. Berg­man begeg­ne­te die­sen stän­di­gen Vor­be­hal­ten auf kom­pro­miss­lo­se Wei­se. Er plan­te einen Film, der nicht nur einen zwei­feln­den Geist­li­chen zeigt, son­dern auch ‘häss­lich’ sein soll­te. Kei­ne bil­li­gen ästhe­ti­schen Tricks wie “viel unan­ge­brach­tes direk­tes Licht im Haar eines hüb­schen Mäd­chens”. Auch die Stars des Films – Gun­nar Björn­strand und Ingrid Thul­in, zwei der stil­volls­ten schwe­di­schen Schau­spie­ler aller Zei­ten – soll­ten absto­ßend wirken.

Licht im Win­ter erhielt eini­ge Prei­se auf klei­ne­ren Fes­ti­vals, doch die zeit­ge­nös­si­sche Mei­nung war, dass es sich um einen “Zwi­schen­film” han­del­te. Es wür­de noch eini­ge Zeit dau­ern, bis er als Meis­ter­werk ange­se­hen wer­den wür­de (wenn er es denn jemals wirk­lich wurde).