Mit einer großen Abschlussveranstaltung inklusive Preisverleihung ist am Sonntagabend das LITFILMS Festival Münster zu Ende gegangen. Mit einem vielfältigen Programm, das die Grenzen zwischen Literatur und Film neu darlegte und dem Publikum zehn Tage lang packende Filme und inspirierende literarisch-filmische Begegnungen bot, konnte das Festival einmal mehr seine Position als kulturelles Highlight der Region festigen.
Die Belgierin Veerle Baetens wurde mit ihrem beeindruckenden Spielfilm WHEN IT MELTS, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Lize Spit, als Gewinnerin des Internationalen Wettbewerbs Literaturadaption ausgezeichnet.
Jury Begründung
„WHEN IT MELTS ist ein treffsicherer Schlag. Ein Schock für unsere Sehgewohnheiten. Ein Angriff auf das, was wir am Entwurf und Ideal von Kindheit und Jugend für unschuldig und unbefangen halten. Sexualisierte Gewalt unter Kindern – also von Kindern an Kindern – ist eines der vielen Tabus in unserer Gesellschaft. Um so mehr leiden die Betroffenen an ihrer eigenen Sprachlosigkeit, an der Unmöglichkeit, diese Straftaten zu thematisieren. Straftaten, die sie für ein Leben begleiten werden. WHEN IT MELTS öffnet als Film das Spektrum der Darstellbarkeit auf behutsame, nicht übergriffige Weise. Er zeigt die Stärke und den Mut der Betroffenen, aber auch ihre irreparablen, seelischen Schäden.
Wir würdigen WHEN IT MELTS als einen progressiven Film, der Grauzonen in unserer Gesellschaft beleuchtet. Jene Grauzonen, die im kindlichen Kontext häufig verharmlost werden, aber tatsächlich ein Verbrechen sind. Wir würdigen auch das junge Ensemble, das diesen Film mit seinen darstellerischen Leistungen prägt. Und wir würdigen die Regie und das Drehbuch: Dem Team ist es gelungen, die literarische Vorlage in eine eindrucksvolle Bilderwelt umzusetzen. Dass wir als Jury darüber diskutiert haben, ob einiges von dem, was im Film gezeigt wird, perspektivisch gelungen und passend inszeniert ist, unterstrich für uns die Relevanz von WHEN IT MELTS: Das Thema sexueller Gewalt unter Kindern gehört ans Licht, ja. Aber unbedingt auf gute und verantwortungsvolle Weise. Dieser Film ist ein Beispiel dafür, wie das auf Basis einer starken literarischen Vorlage gelingen kann.”
Veerle Baetens, die bei der Preisverleihung im Schloßtheater den Preis persönlich entgegennahm, wurde für ihr Regiedebüt auf der Preisverleihung im Münsteraner Schloßtheater gebührend geehrt und erhielt ein Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro, gesponsert von der Sparda-Bank West.
Der Internationale Wettbewerb Literaturadoption, in dem sechs Filme antraten, wurde 2024 von einer unabhängigen Jury bewertet, bestehend aus Autorin Caroline Rosales, Dramaturgin Kyra Scheurer und Autor André Boße.
Im Anschluss an die Preisverleihung widmete sich der Abend dem Thema „Kino als Sehnsuchtsort“. Unter dem Titel Im Palast der Träume – Auf dem Sperrsitz mit Jelinek, Gordimer & Co. lieferte der Abend literarische Auseinandersetzungen mit dem Kino. Dazu wurden Texte von Größen wie Elfriede Jelinek, John Berger, Nadine Gordimer und Frank Göhre präsentiert, die dazu einluden, in die Magie des Kinos und die persönlichen Erinnerungen der Schriftsteller*innen einzutauchen.
LITIFILMS, das am 20. September begann, zog zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus der Film- und Literaturszene nach Münster. Gäste wie Dominik Graf, Hanns Zischler, Anna Brüggemann, Michael Kumpfmüller, Caroline Rosales und Laura Tonke prägten das Programm mit spannenden Vorträgen, Filmvorführungen, Gesprächen und Lesungen.